Computer mehr als eine Schreibmaschine!
Medienkompetenz für die neuen Medien CD-ROM und Internet
Nicola Döring, Uni Berlin, gab in ihrem Artikel Lernen und Lehren im Netz 1996,
http://user.cs.tu-berlin.de/-doering/lernen.htm zwei Thesen zur Bildungsfunktion des Internet an:
Belege für die Thesen liefert eine W3B-Umfrage im WWW vom 1.10.95-12.11.95.
Sie ergab folgende Verwendungszwecke des WWW:
81 % zum Abrufen aktueller Informationen
67 % aus Neugier
66 % zur Unterhaltung
71 % zum Herunterladen von Software
68 % für schulische oder wissenschaftliche Recherchen
62 % zur Aus- und Weiterbildung
63 % zum Lesen von Online-Zeitungen/-Magazinen
aus: Doering, Lernen und Lehren im Netz, 1996
Für die Schule bedeutet dies, dass wir uns intensiv mit
diesem neuen Medium auseinandersetzen müssen,
um den Schülern und Schülerinnen eine Medienkompetenz
zu vermitteln, damit die erste These von
N. Döring größere Realisierungschancen bekommt.
Zielgerichtetes Surfen als neue Kulturtechnik
Die Vorteile des Schulbuches (Strukturierung und zeitlose Grundinformation)
können durch aktuelle Daten
aus dem Internet ergänzt werden.
Daraus ergibt sich als neues Lernziel das " zielgerichtete
Surfen als Kulturtechnik ".
Die Studierenden sollen folgende Kompetenzen entwickeln:
Besonders wichtig erscheint mir die kritische Auswertung
der Materialien, denn im Internet finden sich,
anders als im Schulbuch, keine aufbereiteten und gesicherten Daten,
sondern unreflektierte oder sogar tendentiöse Materialien.
Durch eine Reflexion über die Erfahrungen der Studierenden
bei der Materialsuche können Vor- und Nachteile
von Internet und Printmedien erarbeitet werden. Ebenso können
Manipulationen und Manipulationsmöglichkeiten
aufgezeigt werden. Die Einsicht in die Notwendigkeit einer kritischen
Auswertung kann sich für die Studierenden
also durch eigene Erfahrung ergeben.
Durch das Einbeziehen des Computers in den Unterricht können
wir auch thematisieren, dass Materialien von anderen,
sei es aus Büchern oder aus dem Internet, genutzt werden
können, wenn die Quellen angegeben werden.
Ganz nebenbei signalisieren wir den Studierenden, dass wir die
Hausaufgaben- und Referateseiten im Internet
auch kennen und ein reines Herunterladen und Ausdrucken keine
eigenständige Leistung sein kann.
Einführung für Studierende
Auch hier zeigt sich wieder die Heterogenität unserer
Lerngruppen: für einige ist der Umgang mit dem Computer beruflich
oder privat selbstverständlich, für andere betreten
wir Neuland. Daher empfiehlt sich m.E. eine Arbeit mit Kleingruppen,
in denen sich die Studierenden gegenseitig helfen können.
Eine kurze Einführung für die Neueinsteiger vom Einschalten
über die logischen Verknüpfungen bis zu den Suchmaschinen
sollte genügen, um die ersten eigenständigen Erfahrungen
machen zu können. (Wie wir aus eigener Erfahrung wissen,
zeigt uns gerade der Umgang mit dem Computer, dass wir
am besten durch Anwendung und Erfahrung lernen.)
Danach bieten sich 2 Wege an:
1. gelenkter Umgang durch die Vorgabe von Adressen oder
2. freier Zugang durch die Anwendung von Suchmaschinen
Der zweite Weg birgt die Gefahr, aber auch die Chance des erfolglosen
Suchens. Ich sehe darin insofern eine Chance,
dass die Studierenden selber erfahren, dass das "Supermedium
Internet" nicht alles hält, was es verspricht. Sie können
selber erkennen, dass Strukturieren und kritischer Umgang mit
Medien wichtig ist.
Eine verfeinerte Suche durch logische Verknüpfungen und/oder
das Bekanntgeben von Adressen können die Suche
dann zum Erfolg führen.
Einführung für Kollegen und Kolleginnen
Wer in unserer Zeit mithalten will, sieht sich früher
oder später mit dem Computer konfrontiert. Er bietet Arbeitserleichterung
als Schreibmaschine und Ablagesystem, kann Lernprogramme und Simulationen
auf CD-ROMs anbieten, bietet umfangreiche
Datenmengen verschiedener Lexikas oder Zeitschriften, kann per
Internet aktuelle Daten aufrufen oder neue
Kommunikationsräume und möglichkeiten durchs Chatten
oder per e-mail schaffen.
Viele Fachzeitschriften kommen dem gestiegenen Bedürfnis
der Fachkollegen und kolleginnen nach und veröffentlichen
Rezensionen zu CD-ROMs. Eine besondere Motivation kann nach den
Erfahrungen eines Gießener Kollegen erreicht werden,
wenn im Lehrerzimmer von Kollegen und Kolleginnen eine CD-ROM
des Monats vorgestellt wird.
Aber um diese Angebote nutzen und in den Unterricht einbeziehen
zu können, müssen wir uns erst einmal mit dem
Umgang des Computers vertraut machen. Wir kämen ja schließlich
auch nicht auf die Idee, von einem Fachkollegen
oder einer Kollegin Materialien zu Faust zu erfragen und im Unterricht
einzusetzen, ohne Faust vorher selber lesen zu wollen.
Schulinterne Fortbildungen oder öffentliche Kurse bieten
einen ersten Einstieg. Allerdings möchte ich hier einen Rat
einer
Dortmunder Kollegin weitergeben, die aus eigener Erfahrung dafür
plädierte, nach einer Einführung möglichst viel
selber
auszuprobieren und zu surfen, was allerdings meistens den Kauf
eines Computers erfordert.
Auch N. Döring weist darauf hin, dass das Netz eine hohe
Lernanforderung an seine Nutzerinnen und Nutzer stellt,
da es diese zu Selbstlernprozessen anregt. So muss man damit rechnen,
dass man erst einmal "für das Internet" lernen
muss,
um die Netzressourcen zu erschließen. Dabei kann man die
typischen Internet-Qualitäten: Echtheits-Charakter,
Handlungsspielräume und Außenkontakte kennenlernen
und durch im Netz vorgestellte Projekte für Schüler
und Studierende
auf den eigenen Unterricht übertragen. (Döring 1996)
Für die Unterrichtsgestaltung mit dem neuen Medium sehe
ich vielfältige Möglichkeiten, sie reichen von Recherchearbeit
über Autoren oder Themen über Schulzeitungen bis hin
zum Einstellen einer elektronischen Stellwand für Arbeitsergebnisse
einzelner Kurse oder Gruppen.
Allerdings erfordert der Einsatz des Computers im Unterricht
m.E. eine freiere und flexiblere Unterrichtsgestaltung und
ein geändertes Rollenverständnis der Lehrer und Lehrerinnen,
weg vom/von der Wissensvermittler/in hin zum Prozessbegleiter/in.
Praxisbeispiel:
Lern- und Arbeitstechniken für Neueinsteiger im Erdkundeunterricht
Um den inhomogenen Gruppen der Neueinsteiger verschiedene Lern-und
Arbeitstechniken zu vermitteln und eine
möglichst individuelle Förderung zu ermöglichen, führte ich im Erdkundeunterricht ein offenes Unterrichtsprojekt durch.
Am Beispiel der USA sollten in Kleingruppen verschiedene Themen (Naturgeographie, Kulturgeographie, Geschichte usw)
bearbeitet werden. Das Thema bot sich insofern an, da es einerseits den unterschiedlichen Interessen der Studierenden
durch seine Vielfalt entgegenkam, allgemein gesellschaftlich relevant ist und keinen Unterrichtsstoff der Oberstufe vorwegnimmt.
Nach einer Einführung in das Projekt und der Aufteilung
der Studierenden in thematisch unterschiedlich arbeitende
Kleingruppen begann die Phase der eigenständigen Materialbeschaffung. Hierzu konnten von mir bereitgestellte Materialien
genutzt werden. Es sollten aber auch Bücher aus der Stadtbibliothek und Recherchen auf CD-ROM Lexika und im Internet
herangezogen werden. Da wir nur einen Internetanschluss hatten, mussten sich die Gruppen absprechen, damit jede
Gruppe mindestens einmal im Internet surfen konnte. Einige Studierende recherchierten in ihrer Freizeit
entweder am eigenen PC oder im Internet-Café weiter. Organisatorisch bedeutete diese Phase, dass die Studierenden
an verschiedenen Stellen im Schulgebäude arbeiteten und ich im Laufe der Doppelstunde jede Gruppe aufsuchte,
um Fragen zu klären und ggf. Hilfen anzubieten.
Nach der Erarbeitungsphase kam die Präsentation vor dem Plenum. Jede Gruppe stellte ihre Arbeitsergebnisse im
Rahmen von 1-2 Unterrichtsstunden vor. Dabei wurden freier Vortrag, Visualisierung und mediale Unterstützung des
Vortrages geübt. Eine weitere Form der Präsentation bot das Veröffentlichen der Ergebnisse auf unserer Homepage.
Wichtig ist bei der Arbeit, dass die Studierenden die im Internet
gefundenen und genutzten Adressen ebenso am
Ende ihrer Arbeit angeben wie die Literaturangaben. Dies beugt ein wenig der Plagiaterie vor.
Diskussionsbeiträge bitte an gisela@delfs-swora.de schicken.
erstellt: 10.4.2003
aktualisiert: 25.9.2007