Malen nicht nur im Kunstunterricht und im Kindergarten

- Einsatzmöglichkeiten des freien Malens im EW-Unterricht

Handlungsorientierter Unterricht und Förderung von Kreativität sind nur zwei wichtige Gründe für das
Malen im Unterricht. Auch Konzentration und Selbstfindung kann durch die Beschäftigung mit Farben
geübt werden. In unserem "verkopften" Unterricht sollten verstärkt Methoden angewendet werden,
die die emotionale Intelligenz (Goleman 1997) fördern.
 
 

Einstiegsphase

In diesem Sinne kann das freie Malen im EW-Unterricht als motivierender Einstieg mit anschließender
Problematisierung Anwendung finden.

Zum Thema "Angst" kann z.B. jede/r etwas "sagen" oder aber auch ausdrücken. Warum können diese
Gedanken nicht als Bilder den Unterricht bereichern?

Die zu diesem Thema gefertigten Bilder müssen nicht unter künstlerischen Gesichtspunkten bestimmten
Kriterien dienen, sondern sollen Gefühle, Erlebnisse oder Gedanken ausdrücken.

Es kann mit Wasserfarben, Bleistift, Kohle oder Kreide gemalt werden. Motivierend für Schüler und
Schülerinnen sind große Skizzenblätter und Pastellkreiden oder Wachsstifte.

In der Präsentation und Besprechung aller Bilder kann neben dem inhaltlichen Aspekt auch die gewählte
Darstellung (z.B. vorwiegend dunkle Farben, kontrastiert durch rot beim Thema Angst) thematisiert werden.
So ergeben sich u.U. wertvolle Hinweise für andere Präsentationsphasen.

Inhaltlich können unterschiedliche Erfahrungen und Ängste angesprochen werden. Eine tiefergehende Besprechung
einzelner persönlicher Erlebnisse oder Ängste sollte nicht im Unterricht stattfinden, wenn die betreffenden Schüler
oder Schülerinnen dies nicht ausdrücklich signalisieren. Der EW-Unterricht hat die Aufgabe und Chance die
Schüler und Schülerinnen persönlich betreffende Probleme zu thematisieren, kann aber keine "Psychotherapie" bieten.
 
 

weitere Beispiele und Einsatzmöglichkeiten

Innerhalb einer Unterrichtssequenz, z.B. zum Thema "Kommunikation" lassen sich durch folgende Partnerarbeit
"malerische" Phasen einbauen.

Zwei oder drei Schülerinnen oder Schüler malen gemeinsam ein Bild, ohne sich verbal über Thema und
Ausgestaltungselemente zu verständigen. In der Besprechung der Bilder sollte auf Fragen nach der Dominanz,
dem Aufgreifen und Weiterführen von Ideen und den nonverbalen Verständigungsmöglichkeiten eingegangen werden.

Abb.1 Ein von drei Schülerinnen erstelltes Bild, das Haus, Baum, Sonne, Weg, Blumen, Wolken,Flugzeug als
"Kindergartenbild" zeigt.

Eine schwierigere Variante ist das gemeinsame Malen eines Bildes, wenn zwei oder drei Personen mit einem Stift malen,
den beide gleichzeitig anfassen. Auch hierbei darf nicht geredet werden.

Die Nachbesprechung kann auf den zusätzlichen Aspekt der gemeinsamen kulturellen Grundlagen und die
Verwendung einfacher Techniken eingehen, wenn z.B. "Kindergartenbilder" als harmonisches Ganzes entstanden sind.

Bei diesen Übungen sollte kein Thema vorgegeben werden, um die Vielfalt der Ideen nicht einzuschränken.
 
 

Zum Thema "geschlechtsspezifische Sozialisation" kann die Umsetzung des Märchens "Blaubart" und eine
anschließende Deutung (evtl unter Einsatz des entsprechenden Unterrichtsmaterials des Oberstufen-Kollegs
in Bielefeld, Postfach 100131, 33501 Bielefeld) stattfinden.

Aber auch das Thema "Märchen" kann durch die Umsetzung eines neueren Märchens z.B. zum Thema "Zeit"
(siehe: Vom Uhrsprung in: Die kleine Märchengalerie 1986) vertieft und erweitert werden.

Durch den Vergleich der entstandenen Bilder lassen sich die unterschiedlichen Wahrnehmungen und
Akzentuierungen der Zuhörer und Zuhörerinnen erfahren.

Auch die Umsetzung von Musikstücken in eigene Bilder oder der Vergleich der eigenen Bilder mit einem
Bild eines Künstlers oder einer Künstlerin können anregenden Stoff für den Unterricht bilden.

Mögliche Themen wären "Kinderspiele früher und heute" (siehe: von Breughel d.Ä in: R.Winkel 1997, S.14ff),
"Kinderporträts - Vergleich verschiedener Künstlerporträts mit eigenen Selbstbildnissen" (Jugendalter,
historischer Vergleich) und "Kunst und Bildung in verschiedenen Kulturen"
(siehe: Unterwegs - Musik verbindet (fröhliche Musik versus Kinderarbeit)
 

abschließende Bemerkungen

Es sollte betont werden, dass jede/r malen kann. Es muss kein korrektes Abbild der Realität entstehen,
sondern durch die Freistellung der Materialien und Techniken kann jede/r individuell seine/ihre Gedanken
aufs Papier bringen. Übermäßigem Perfektionismus kann durch eine Zeitvorgabe begegnet werden.

Die Erklärung der Entstehung der Bilder (Absicht, Schwierigkeiten, Erkenntnisse) sollte selbstverständlich
ohne Wertung erfolgen. Vielleicht zeigt es sich ja, dass im Unterrichtsgespräch schwächere Schüler und
Schülerinnen hier eine Ausdrucksform gefunden haben, die ihren visuellen Lernkanälen entsprechen.

Für viele Schüler und Schülerinnen kann die Entwicklung des Bildes und die dadurch initiierte Rückwirkung
auf das eigene Denken während des Malens eine interessante Erfahrung sein. Zum Beispiel kann aus einem
anfänglich kalten, grausamen Blaubart, der eckig und mit kalten blauen Farbtönen gemalt wurde, im Laufe
der Arbeit ein Mensch entstehen, der durch eine fast herzförmige Haartracht weichere Konturen erhält und

somit eine weitere Facette seines Wesens andeutet.

Abb.2 Blaubart
 

Diese Beispiele sollen Kolleginnen und Kollegen einen Anstoß geben, die eigene Kreativität wieder zu entdecken
und das Malen als Unterrichtsmethode in ihr Repertoire aufzunehmen.
 
 
 
 

Literaturliste:

R. Winkel, Theorie und Praxis der Schule, Hohengehren 1997

H. Hansen, B.u.R. Plenz (Hrsg), Die kleine Märchengalerie, Hamburg 1986

D. Goleman, Emotionale Intelligenz, München, 1997

Kassette:

INTERKOM, Unterwegs - Musik verbindet, Postfach 120519, 53047 Bonn
 
 
 
 

Diskussionsbeiträge bitte an gisela@delfs-swora.de schicken.

 

erstellt: 10.4.2003

aktualisiert: 25.9.2007
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Gisela Delfs-Swora

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